Cases und Trends I Aus der Praxis
Patienten-Geschichten in der Klinikkommunikation: Was können sie? Wie erzählt man sie richtig?
Storytelling ist ein hochwirksames Tool, um die Aufmerksamkeit von Menschen anzuziehen und zu halten. Gilt das auch in der Klinikkommunikation? Christian Maier, Leitung Kommunikation und Marketing des Deutschen Herzzentrums der Charité in Berlin, beantwortet unsere Fragen.

Christian Maier und das Kommunikations Team des Deutschen Herzzentrums der Charité setzen in der Kommunikation auf gute Patienten-Geschichten.
Welches sind nach Ihrer Erfahrung die Benefits von Patienten-Geschichten im Klinikmarketing?
Maier: Wenn wir in der Klinikkommunikation Geschichten von Patient:innen erzählen, können wir Wissen vermitteln und Vertrauen schaffen – insbesondere, aber nicht nur bei Menschen mit ähnlichen Erkrankungen und anstehenden Behandlungen, wie in der jeweiligen Geschichte dargestellt. Darüber hinaus machen wir unser Haus interessant für potienzielle Bewerber:innen. Und: Wir sprechen auch unsere Kolleg:innen an, geben ihnen eine Bestätigung für ihre Arbeit und zeigen ihnen, dass sie – trotz mancher Widrigkeiten im Alltag – stolz sein können. Patienten-Geschichten wirken also intern wie extern, im Zuweiser-, Patienten- und im Personalmarketing.
Patienten-Geschichten transportieren u.a. die Botschaft, dass die Menschen in der Klinik mit Leidenschaft bei der Sache sind. Sind sie eine Ergänzung zu den klassischen Kommunikationsinhalten – oder unverzichtbar?
Maier: Krankenhäuser sollten über die modernste Technik und innovative Behandlungsmethoden verfügen, vorgenommen von sehr gut ausgebildeten Teams, die stets auf dem aktuellen Stand der Forschung sind. Das sind zentrale Themen der Klinikkommunikation. Aber worum geht es dabei letztendlich? Doch immer um die Patientinnen und Patienten. Diese bekommen in Geschichten ein Gesicht, einen Namen. Statt reiner Information werden auch Emotionen vermittelt.
Ich würde sagen: Die richtige Mischung macht´s auch hier. Die Auszeichnung, der erfolgreiche Kongress, die neue Technik oder eine bedeutsame Studie gehören genauso zu unserem Kommunikations-Portfolio wie eine gut erzählte Patienten-Geschichte.
Was zeichnet eine gut gemachte Patientenstory aus?
Maier: Eine gute Patientenstory ist sowohl aus der Sicht der Patient:in als auch des behandelnden Teams erzählt. Wer sie verfasst, muss sich die Mühe machen, auch komplexe medizinische Sachverhalte laienverständlich zu erklären. Damit alles stimmt, werden die behandelnden ärztlichen und pflegenden Teams notfalls von den Autor:innen mit Fragen „gelöchert“.
Übrigens sollten Patienten-Geschichten nicht zwangsläufig nur von „spektakulären“ Erfolgen handeln und etwaige Rückschläge und Komplikationen bei der Behandlung nicht aussparen. Wichtig ist immer, dass klar wird, warum wir die jeweilige Geschichte erzählen, welche Bedeutung sie hat. Idealerweise lässt sie sich im Teaser-Text in zwei Zeilen auf den Punkt bringen.
Spannend, aber nicht hochdramatisch; emotional, aber nicht kitschig; sachlich, aber nicht nüchtern und kalt: Welches ist die richtige Tonalität?
Maier: Habe ich als Autor:in wirklich verstanden, was an der einzelnen Geschichte medizinisch berichtenswert ist und kann ich die Gefühle der Patient:innen, Angehörigen und Behandler:innen nachvollziehen – dann wird die Geschichte auch die richtige Tonalität haben. Diese Vor-Recherche kann mühsam und aufwendig sein, aber sie lohnt sich!
Auch die beste Geschichte altert rasch. Erzeugt jede gute Geschichte den Zwang, schnell eine neue zu produzieren, um aktuell zu bleiben?
Maier: Einen Zwang zur Aktualität sehe ich nicht. Meines Erachtens sind wenige, aber authentische und gut gemachte Geschichten besser als am Fließband produzierte Storys. – Da stoßen wir ohnehin an personelle Kapazitätsgrenzen. Damit wir produzieren können, müssen uns die Ärzt:innen und Pflegend:en informieren, wenn es erzählenswerte Erfolge gibt. Das geht in der Intensität des Klinikalltags verständlicherweise leicht unter.
Welche Kanäle eignen sich besonders gut?
Maier: Eine gutgemachte und authentische Geschichte wird bei unterschiedlichsten Zielgruppen in allen Kanälen „funktionieren“, sowohl als klassische Pressemitteilung als auch in den sozialen Netzwerken von Instagram bis LinkedIn. Allerdings muss die Länge fast immer an das jeweilige Medium angepasst werden, in seltenen Fällen auch die Tonalität. Ein gutes Video ist meist noch wirksamer als eine geschriebene Geschichte. Aber eben auch aufwändiger herzustellen.
Last but not least: Wie werden Ihre Patienten-Geschichten aufgenommen von den Zielgruppen? Den Betroffenen? Den Mitarbeitenden?
Maier: Diese Antwort ist ebenso kurz wie leicht: Sehr gut!

Auch Remy&Remy setzt schon seit längerem auf Patienten-Geschichten. Ein gelungenes Beispiel dafür finden Sie in der von uns umgesetzten Kampagne für das RBK Lungenzentrum in Stuttgart: „Weil atmen Leben ist“.