R&R-Newsletter I Wichtig & aktuell
Krankenhäuser als Orte der Heilung:
Wie Architektur Gesundheit fördern kann
Krankenhäuser stehen für viele Menschen vor allem für Krankheit, Schmerz und Verlust. Vorstellungen von langen, fensterlosen Fluren, grellem Licht, sterilen Oberflächen und dem Geruch von Desinfektionsmitteln verstärken diese negativen Assoziationen oft noch. Doch muss das wirklich so sein?

Die Planung von Krankenhäusern folgt meist einer funktionalen Logik, die sich an gesetzlichen Anforderungen orientiert, um Sicherheit und einen reibungslosen Betrieb zu gewährleisten. Hygienestandards, Barrierefreiheit, Brandschutz und logistische Effizienz stehen dabei im Vordergrund. Ein wichtiger Aspekt wird jedoch häufig übersehen: die Wirkung der Architektur auf die Menschen, die sich in diesen Räumen aufhalten – Patient:innen ebenso wie Mitarbeitende. So zeigen wissenschaftliche Studien zum Beispiel eindeutig, dass die Umgebung einen messbaren Einfluss auf die Genesung von Kranken hat. Hier setzt das Konzept der Healing Architecture an.
Was ist Healing Architecture?
Healing Architecture zielt darauf ab, Räume zu schaffen, die das physische und psychische Wohlbefinden fördern und die Heilung positiv beeinflussen. Der Umweltpsychologe Roger Ulrich gilt als Wegbereiter dieses Konzepts. Bereits in den 1980er Jahren zeigte er in seiner Studie, dass Patient:innen nach einer Operation schneller genesen, weniger Schmerzmittel benötigen und weniger Komplikationen aufweisen, wenn sie aus ihrem Krankenhauszimmer ins Grüne blicken können – im Vergleich zu Patient:innen, die lediglich auf eine gegenüberliegende Wand schauen.
Diese Erkenntnisse haben seither zu einer Vielzahl von Studien und innovativen Ansätzen geführt, die die heilende Kraft der Architektur weiter erforschen.
Die „heilenden Sieben"
Ein häufig zitiertes Element von Healing Architecture ist der bereits bei Ulrich erwähnte Ausblick. Doch es gibt weitere Faktoren. Bedeutend sind vor allem jene, auf die kranke Menschen besonders sensibel reagieren. Denn im Zustand des Krankseins verändern sich Sinneswahrnehmungen: Räume werden anders erlebt und Reize intensiver wahrgenommen.
- Orientierung: Klar gestaltete Räumlichkeiten und Wege, die eine intuitive Orientierung ermöglichen, stärken das Sicherheitsgefühl und fördern die Selbstständigkeit der Patient:innen.
- Geruchskulisse: Natürliche, angenehme Gerüche und eine gute Belüftung schaffen eine wohltuende und erfrischende Atmosphäre.
- Geräuschkulisse: Schallabsorbierende Materialien, breite und unterbrochene Flure sowie Einbettzimmer sorgen für Ruhe – ein essenzieller Faktor für Genesung.
- Privatheit und Rückzugsräume: Räume, die Privatsphäre bieten, stärken das Gefühl der eigenen Würde und vermitteln Geborgenheit.
- Power Points: Kleine „Kraftpunkte" in Form von Entspannungsräumen bieten Gelegenheiten zum Durchatmen.
- Aussicht und Weitsicht: Der Blick ins Grüne und viel Tageslicht wirken beruhigend und fördern die Regeneration.
- Menschliches Maß: Natürliche Materialien wie Holz und harmonische Proportionen schaffen eine Umgebung, in der sich Menschen geborgen fühlen können.

Beispiel 1: Das REHAB Basel zeichnet sich durch großzügige, lichtdurchflutete Räume aus, die mit natürlichen Materialien gestaltet und von Grünflächen umgeben werden.

Beispiel 2: Das Maggie's Centre in London beeindruckt mit seiner warmen, einladenden Atmosphäre, organischen Formen und viel Tageslicht.
Healing Architecture als Chance in der Krise
In einer für die Krankenhäuser von Überlastung, Renovierungsstaus und finanziellen Engpässen geprägten Zeit erscheint das Konzept der Healing Architecture zunächst womöglich wie unbezahlbarer Luxus. Doch die Architekturpsychologin Tanja C. Vollmer sieht gerade in dieser schwierigen Ausgangslage eine große Chance: Die Krise fordere dazu auf, Altbewährtes zu hinterfragen und innovative Ansätze in die Planung und Gestaltung von Gesundheitseinrichtungen einzubringen. Darüber hinaus bietet „heilende Architektur" langfristig beachtenswerte wirtschaftliche Vorteile. Kürzere Aufenthaltszeiten, weniger medikamentöse Eingriffe und eine höhere Zufriedenheit der Mitarbeitenden sind nur einige der Benefits, die zeigen: Healing Architecture ist eine nachhaltige Investition, die sich nicht nur sozial und menschlich, sondern auch ökonomisch auszahlen wird.
Weitere Informationen zum Thema finden Sie in der Publikation von Tanja C. Vollmer, Andres Lepik und Lisa Luksch zur gleichnamigen Ausstellung „Das Kranke(n)haus. Wie Architektur heilen hilft".

Durchdachte Farbkonzepte, harmonische Formen und eine einfühlsame, patientenorientierte Sprache – auch für uns als Healthcare-Agentur sind die Prinzipien der Healing Architecture von großer Bedeutung und fließen in die Entwicklung von Kommunikationsmaßnahmen ein.
Lust, mehr zu erfahren?

"The Week" bei R&R
Das Remy&Remy-Team versammelt sich im Konferenzraum. Die Stimmung ist angespannt – keiner weiß so genau, was auf uns zukommt. Wir wissen nur: Es wird unbequem. Es geht um ernste Themen, die uns über unsere professionelle Zusammenarbeit hinaus angehen: Artensterben, Umweltverschmutzung, Klimawandel ...