Cases und Trends im Klinikmarketing I Interview aus der Praxis

Klinikfotografie darf wieder bunter werden.

Die Münchener Fotografin Sylvia Willax (Bild) fotografiert seit vielen Jahren große und kleine Kliniken in ganz Deutschland. Wir haben ihr Fragen zu Entwicklungen und besonderen Herausforderungen in diesem speziellen Arbeitsumfeld gestellt.

Du bist Reportage- und Porträtfotografin und hast Dir dazu einen Namen als Klinikfotografin gemacht. Wie und wann hast Du damit begonnen?

Sylvia: Das war reiner Zufall. 2005 wurde ich gefragt, ob ich fürs Münchener Klinikum rechts der Isar Fotos erstellen könnte. Bis dahin hatte ich mich, salopp gesagt, weder mit dem Innenleben noch mit der Architektur von Kliniken beschäftigt. Aber ich sagte spontan zu, bin geradewegs ins kalte Wasser gesprungen. Daraus hat sich die Klinikfotografie für mich zu einem professionellen Standbein – und zu einer Leidenschaft – entwickelt.


Die sogenannte digitale Sichtbarkeit von Kliniken hat in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen, und damit auch die Klinikfotografie. Wie hat sich nach Deiner persönlichen Erfahrung das Verständnis von Klinikfotografie entwickelt?

Sylvia: Über die längste Zeit meiner Tätigkeit als Klinikfotografin war das gewünschte optische Konzept klar vorgegeben, fast schon vorgeschrieben. Hell und luftig, viel Licht und viel Raum, viel Weiß, und kühle Farben – das war gefragt. Die Optik sollte clean, hygienisch und modern sein. Viele der ersten Klinikwebsites waren so gestaltet, das kam gut an, und das wollten die meisten Kliniken dann auch für ihr eigenes Erscheinungsbild so haben. In letzter Zeit nun spüre ich eine Veränderung. Jetzt dürfen wieder mehr Farben und Kontraste ins Bild, die Klinik darf lebendiger wirken.


Auffallend ist auch die starke Präsenz von Mitarbeiterfotos. Sie machen eigentlich den Hauptteil des Erscheinungsbilds der Kliniken aus. Warum?

Sylvia: Fotos von Ärztinnen und Ärzten, Pflegekräften, Therapeuten usw. spielen tatsächlich die Hauptrolle in der Klinikfotografie. Dabei sollen die abgebildeten Einzelpersonen und Teams konzentriert und „bei der Sache“ wirken, aber in vielen Szenen auch gut gelaunt oder sogar lachend. Der gute Teamspirit muss deutlich werden, die Freude an der Arbeit, die Vielfalt der Tätigkeiten. Angesicht des Fachkräftemangels hat die Klinikfotografie heute auch die Aufgabe zu vermitteln: Hier geht es den MitarbeiterInnen gut, hier ist es schön zu arbeiten.


Kliniken wollen sicher auch ihre hohe fachliche Kompetenz kommunizieren. Was bedeutet das für Dich als Fotografin?

Sylvia: Klinikfotografie ist definitiv keine Dokumentarfotografie. Medizinische Interventionen, dramatische Situationen, blutbefleckte Kittel, klaffende OP-Schnitte oder Ähnliches sind für mich tabu. Ich nehme bei meiner Arbeit immer auch die Perspektive der PatientInnen ein, solche Bilder würden die meisten sicher erschrecken. In der Regel werden sie aber auch von Kundenseite gar nicht erwartet. Medizinische Kompetenz kann man auch über Teamfotos vermitteln, mit Fachkräften, die sich miteinander besprechen oder zusammen Befunde an einem Monitor begutachten.


Und wie ist es in Sachen Medizintechnik? Muss die nicht doch immer auch ins Bild?

Sylvia: Der Auftrag, die neuesten Hochleistungsapparate ins Bild zu setzen, ist immer Teil der Arbeit. Ich fotografiere die jeweilige Technik aber fast ausschließlich mit Menschen und wo immer es geht auch mit einem Schuss Emotionalität. Ein gutes Beispiel dafür ist ein Foto, das ich in der Abteilung für Neonatologie im Münchener Rotkreuz-Klinikum aufgenommen habe. Da sieht man ringsum viele beeindruckende Überwachungsgeräte und mittendrin eine junge Pflegerin. Der Fokus ist ganz auf ihrem Gesicht, wie sie sich gerade mit einem Ausdruck voll Liebe und Fürsorge einem Frühchen widmet.

Viel Technik in der Frühgeborenenabteilung – und viel Emotion.
Foto aus der Abteilung für Neonatologie im Rotkreuzklinikum München.

Was ist für Dich die größte Herausforderung bei der Klinikfotografie?

Sylvia: Die Balance zu finden zwischen dem Wunsch, gute Bilder zu machen, und der Schnelligkeit, mit der ich arbeiten muss. In einer Klinik betritt man eine Welt mit Abläufen, die man nicht stören darf. Man holt Menschen vor die Kamera, die zwar meistens kooperativ sind, aber nicht selten in mental belastenden Arbeitssituationen stecken und unter Zeitdruck stehen. Hinzu kommt, dass in unseren Zeiten der schnellen Handyfotografie das Verständnis für die Ansprüche professioneller Fotografie ohnehin nicht mehr groß ist.


Welchen Rat würdest Du jungen KollegInnen geben, die sich für Klinikfotografie interessieren?

Sylvia: Nimm' nur das Nötigste an Equipment mit. Sei respektvoll bei der Arbeit und bereit zu improvisieren. Und plane Zeit für die Bildbearbeitung ein.


Remy&Remy arbeitet mit Sylvia Willax schon seit vielen Jahren an unterschiedlichen Projekten wie Kampagnen und Klinikwebsites zusammen. Mehr Infos zu ihren Arbeiten:

http://willax-fotografie.de/

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