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Unfaire Kritiken auf Google – wie wehrt man sich richtig?

Schlechte Rezensionen von Patientinnen und Patienten sind ärgerlich und können Kliniken und Praxen schaden. Wann und wie kann man sie löschen lassen? Der Leipziger Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Sebastian Braun beantwortet unsere Fragen.

Bild: RA Dr. Sebastian Braun, Stock/kelvn

Bin ich Google ausgeliefert, wenn mir ein Patient schaden will? Oder kann ich grundsätzlich gegen eine negative Google-Bewertung vorgehen?

Braun: Nein, man ist Google nicht schutzlos ausgeliefert! Zwar sind als „schlecht“ empfundene Bewertungen nicht per se juristisch angreifbar, weil für sie grundsätzlich der Schutz der Meinungsfreiheit gilt. Aber das Allgemeine Persönlichkeitsrecht kann es ermöglichen, unerwünschte Darstellungen der eigenen Person in der Öffentlichkeit zu unterbinden.

Bei welcher Art von Rezensionen halten Sie es für aussichtsreich, eine Löschung zu beantragen?

Braun: Internet-Bewertungen von Akteuren im Gesundheitswesen lassen sich löschen, wenn mit einer Äußerung nicht eine sachliche Auseinandersetzung verfolgt wird, sondern die Bewertung auf eine Verunglimpfung, soziale Ausgrenzung und auf eine Stigmatisierung des Bewerteten abzielt – er oder sie also in gewisser Weise „an den Pranger“ gestellt wird. Das ist insbesondere bei unwahren Tatsachenbehauptungen und unzulässiger Schmähkritik der Fall. (Siehe: Das müssen Sie sich nicht gefallen lassen)

Viele Kliniken sind dazu übergegangen, kritische Rezensenten an ihr Beschwerdemanagement zu verweisen. Reicht das als Reputationsschutz?

Braun: Das Beschwerdemanagement ist ein wichtiger Baustein, um Google-Bewertungen zu filtern und ggf. mit angemessenen Kommentaren zu reagieren. Ob das reicht, hängt vom Einzelfall ab, die Wirkung einer Löschung ist damit natürlich nicht automatisch gegeben. Beim Wunsch auf Löschung einer Bewertung handelt es sich um eine Rechtsfrage, also um die Frage, ob gegenüber Google oder gegenüber dem Rezensenten tatsächlich ein – notfalls einklagbarer – Anspruch besteht.

Was ist der erste Schritt, wenn ich mich entscheide, eine Rezension nicht hinzunehmen?

Braun: Man sollte sich zunächst an einen Rechtsanwalt wenden, um mit ihm zu besprechen, ob die Bewertung überhaupt löschbar ist. Außerdem sollte man versuchen, den oft nachvollziehbaren Ärger zu „ignorieren“, um nicht vorschnell ggf. zu emotionale oder gar unzulässige Kommentare abzugeben.

Sollte ich grundsätzlich einen Anwalt einschalten?

Braun: Wir empfehlen, die Bearbeitung des Falles unverzüglich und direkt in die Hände eines Rechtsberaters zu legen. Erfahrungsgemäß ist es dann leichter, bereits bei der ersten schriftlichen Äußerung den Kern des Problems zu treffen und auf einschlägige Urteile zu verweisen.

Wie verläuft das anschließende Prüfverfahren?

Braun: Wenn man eine Bewertung bei Google rügt, ist Google verpflichtet, die Stellungnahme an den Bewerter weiterzuleiten, damit dieser sich mit der Rüge inhaltlich auseinandersetzen kann. Theoretisch kann man dieser Weiterleitung der Stellungnahme widersprechen, insbesondere, wenn dadurch größere Nachteile zu befürchten sind. Allerdings kann dies den Erfolg des Löschungsversuches negativ beeinflussen.
Hat der Bewerter die Stellungnahme vorliegen, muss er sich innerhalb einer von Google gesetzten Frist dazu zu äußern. Kommt er dem nicht nach, wird die Löschung automatisch vorgenommen. Äußert er sich jedoch dazu, hat man wiederum die Möglichkeit, auch dazu Stellung zu nehmen.
Nach Ablauf der jeweils geltenden Stellungnahmefristen trifft Google die Entscheidung, ob gelöscht wird oder nicht.

Wie stehen Ihrer Erfahrung nach die Chancen, dass Google die Rezension löscht?

Braun: Das kommt immer auf die konkrete Bewertung und den jeweiligen Einzelfall an. Kann belegt werden, dass eine Bewertung rechtlich unzulässig ist, und wird dann rechtlich fundiert gerügt, bestehen gute Chancen.

Wie lange dauert das Procedere in der Regel?

Braun: Normalerweise ist dies innerhalb von zwei bis vier Wochen durchführbar. Sollte Google sich weigern, können auch gerichtliche Schritte eingeleitet werden.

Greift die Rechtsschutzversicherung?

Braun: Leider besteht noch kein flächendeckender Schutz. Teilweise greifen Rechtsschutzversicherungen erst, wenn der eigene Löschungsversuch erfolglos gewesen ist und nun z. B. gerichtliche Schritte einzulegen sind. Schade daran ist, dass ja unter Umständen bereits eine schnellere Löschung hätte erreicht werden können, wenn der Rechtsanwalt früher tätig geworden wäre. Somit hätte sich ein Klageverfahren möglicherweise erübrigt.

Wie bedeutsam sind Ihrer Meinung nach Bewertungen bei der Auswahl von Arzt oder Klinik?

Braun: Bewertungen sind ein entscheidendes Kriterium in der Marketingstrategie. Die Tendenz in der Praxis zeigt, dass sie oftmals ausschlaggebend sind, wenn es darum geht, neue Patienten zu gewinnen.

 

 Weitere Informationen zu diesem Thema von Rechtsanwalt Dr. Sebastian Braun

 https://lex-medicorum.de/ansprechpartner/


Das müssen Sie sich nicht gefallen lassen!

Hier ein Überblick über Bewertungen, die als unzulässig gelten:

 

Unwahre Tatsachenbehauptung
Damit eine Rezension so eingestuft wird, kommt es im Wesentlichen darauf an, ob die Aussage inhaltlich überprüfbar ist und mit Beweismitteln als wahr oder falsch eingestuft werden kann. Beispiel: „Dr. X hat mich über die möglichen Nebenwirkungen einer Vollnarkose nicht aufgeklärt.“ Zeigt die Patientendokumentation oder gar der unterschriebene Aufklärungsbogen objektiv das Gegenteil, liegt eine unwahre Tatsachenbehauptung vor.

Schmähkritik
Meinungsäußerungen, die keine inhaltliche Auseinandersetzung in der Sache zum Ziel haben, sondern nur auf die Verunglimpfung und Stigmatisierung des Bewerteten abzielen, gelten als Schmähkritik. Typisch dafür sind Formulierungen wie: „Hier geht es nur ums Geld“, „In der Klinik sind alle korrupt“ oder „In dem Krankenhaus wird man nur abgefertigt“. Solche Bewertungen zeigen deutlich, dass es dem Rezensenten nie um einen sachlichen Diskurs gegangen ist.

Schlechte Noten
Ob Sternchenvergabe wie bei Google oder andere Formen der Benotung – hier geht die Rechtsprechung davon aus, dass die bloße Notenvergabe zulässig ist, wenn sich aus dem dazugehörigen Kommentar die Gründe für die Benotung ergeben. Ist dies jedoch nicht der Fall, kann die Bewertung als rechtswidrig eingestuft werden. Aber auch gegen eine 1-Sterne-Bewertung , die ohne Kommentar abgegeben wurde, kann man sich ggf. wehren, das kommt auf den Einzelfall an.

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