Cases und Trends im Klinikmarketing I Aus der Praxis
Heikel – aber schön
Eine Frage, die sich gerade in der Healthcare-Kommunikation häufig stellt: Wie präsentiert man sensible Themen und Produkte ohne Scham – aber auf den Punkt? Wieviel und welches Design passt für sogenannte Ekel-Themen?
Gehen wir gleich voll rein ins Thema mit einer Definition des Ekels, geprägt von der Professorin für Sozialpsychologie Megan Oates: „Ekel wird typischerweise als ein Gefühl des Abscheus erlebt, welches mit dem starken Wunsch einhergeht, sich dem auslösenden Reiz zu entziehen.“ In Übereinstimmung mit zahllosen Forschern weltweit hat Oates auch die essenziellen Ekelauslöser beim Menschen identifiziert. Ganz oben auf der Liste stehen menschliche Körperprodukte und Sekrete.
Besser und kürzer kann man ein besonderes Dilemma des medizinischen Marketings nicht darstellen: Einerseits dealt man in dieser Branche immer mal wieder mit hochsensiblen Themen. Andererseits geht es aber auch dann darum zu vermeiden, dass der Empfänger sich spontan abwendet, sondern ihn im Gegenteil anzusprechen und zu faszinieren.
In dieser Frage hat R&R inzwischen schon einige Erfahrung gesammelt und dabei kreative Lösungen gefunden – ob für Angebote der spezialisierten Wundversorgung, Entwurmungsmittel oder hochwertige Inkontinenzprodukte im hart umkämpften Markt von Pflegehilfsmitteln.
Perfektes Design für ein perfektes Produkt
Jüngstes Beispiel für die ästhetische Präsentation und Kreation eines Key Visuals in einem besonders heiklen Bereich ist die Arbeit für hygh-tec, einen Hersteller innovativer Medizinprodukte im intensivmedizinischen Bereich. Eine der zentralen Aufgaben dabei war es, die extreme Flexibilität, Feinheit und dabei maximale Dichtigkeit eines Katheters ins Bild zu setzen, der neue Standards für das Stuhlmanagement setzt. Der gestellte Anspruch war also nichts Geringeres als eine perfekte Präsentation für ein perfektes Produkt in einem Bereich, der normalerweise eher tabuisiert als offen kommuniziert wird.
Die Bereitschaft, die Kommunikation neu zu denken, war auch schon auf Kundenseite deutlich formuliert. hygh-tec Founder Dr. med. Fred Göbel: „hygh-tec soll aus dem grauen Design der Intensivstationen herausstechen!“ Also offensiv raus aus der schüchternen Ecke, in der man normalerweise möglichst diskret und unauffällig auf sich aufmerksam machen möchte! Aber wie?
Die Kunst, ein Thema zu schärfen und gleichzeitig zu entschärfen
Als zentralen Schritt im Entwicklungsprozess bei dieser wie auch anderen ähnlichen Aufgaben, sieht Simon Remy, Geschäftsführer und Creative Director von R&R, einen intensiven Entwicklungsdialog zwischen den Entwicklern, den Anwendern und der unbelasteten Außen-Perspektive der Kreativagentur. Dabei geht es nicht nur darum, gemeinsam das jeweilige Thema zu erforschen und Ideen zu sammeln, sondern auch und vielleicht vor allem darum, eigene mentale und emotionale Barrieren abzubauen. Simon Remy fasst es so zusammen: „Man muss sich trauen, Dinge beim Namen zu nennen, das Terrain der Möglichkeiten auszuloten und die Grenzen des Unmöglichen neu zu definieren.“ Auf dieser Basis werde es möglich, mutige Ideen zu verfolgen und Spielräume zu entdecken, ohne Gefühle zu verletzen oder über rote Linien zu gehen. „Wichtig ist bei aller Experimentierlust auch immer, Respekt zu bewahren vor dem jeweiligen Thema und den Menschen, die es angeht,“ so Simon Remy.
Für das Stuhlmanagement mit dem hygh-tec-Katheter wurde auf dieser Basis eine cleane Optik gewählt mit entschiedenem und selbstverständlich anmutendem Wording zu den Vorteilen und Eigenschaften des Produkts. Der Katheter selbst wurde nicht etwa optisch verbannt, sondern im Gegenteil selbstbewusst und groß gezeigt, um ein hohes Maß an funktionaler Ästhetik zu erzeugen.
„Wichtig war uns aber auch, in der Kommunikation nicht nur auf Abstraktion zu setzen, um das Thema zu schärfen und gleichzeitig zu entschärfen“, erklärt R&R Art Director Dirk Borucki. Gerade bei den sogenannten Tabuthemen handele es sich, bei aller Technik, oft um sehr menschliche Belange. Als überraschender und einprägsamer Eye Catcher wurde daher eine Sportakrobatin gewählt, die mit vollendeter Flexibilität und dabei geschlossener Körperspannung auf der Oberfläche eines Katheters balanciert (siehe Abbildung oben).
Mehr zum Projekt hygh-tec: www.remyremy.de/projekte/hygh-tec_corporate-design.php
Frage & Antwort
UX- vs. UI-Design. Was ist bitte was?
Wer sich mit Webentwicklung auseinandersetzt, stößt zwangsläufig auf die Begriffe „UX-Design“ und „UI-Design“. Was steckt dahinter? Und worin besteht der Unterschied?
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